Meine Reise nach Hamburg endete in Basel

Letzte Woche war es mal wieder so weit, wir gingen auf Reisen, dieses Mal mit dem Ziel Hamburg. 3 Nächte, 2 Tage Seminar und ein bisschen Sight Seeing waren geplant.
Da wir grad viel hörten über lange Warteschlangen an den Sicherheitskontrollen, haben wir uns schon 4 Stunden vor Abflug auf den Weg nach Basel gemacht. Eine Reise von gut 1 Stunde und 10 Minuten.
Allein nur mit Handgepäck reisen ist für mich schon eine echte Herausforderung und ich atmete tief ein und aus, als es dann los ging.

Kaum sind wir auf der Autobahn, haben wir schon den ersten Stau. Stau – das Unwort des Jahres für mich. Nein, nicht mit 20 km/h und auch nicht mit 30 km/h, sondern Stillstand. Mein Blick auf die Staumeldungen im Handy sagt uns, dass die Autobahn gesperrt wurde.
Wie wir genau über vier Spuren die Autobahn verlassen haben, möchte ich jetzt nicht im Detail schildern, aber ich sage mal so, es war etwas abenteuerlich.

Eine Stunde später und einen Puls von 200 sind wir dann auch tatsächlich schon 10 Kilometer weiter. Nächster Stau im Gubrist, dann freie Fahrt und dann wieder Stau in Basel. Kurz vor dem Flughafen in Basel die falsche Ausfahrt genommen und in einem Wohnquartier gelandet. Puls unterdessen auf 400 (oder ist man da schon tot?).

Es ist 18.20 Uhr als wir irgendwo auf einem Parkplatz im Nirvana landen. Um 18.40 Uhr Boarding Closed. Bis zu diesem Zeitpunkt wusste ich nicht, wie schnell ich laufen kann. 18.30 Uhr an der Sicherheitskontrolle… ich entschuldige mich hier offiziell bei allen, die ich angeschnauzt und angerempelt habe, nach dem Motto, hinter mir die Sintflut.
Mein Partner durch die Sicherheitskontrolle: Piep… Piep…
Ich durch die Sicherheitskontrolle: Piep… Piep… 18.35 Uhr…
Die ersten Schweisstropfen von meiner Stirn sammeln sich in meiner Unterhose. Die Frau an der Sicherheitskontrolle untersucht uns nach Sprengstoff, Drogen oder was auch immer. Alles gut, wir dürfen gehen. Hinter der Sicherheitskontrolle wartet unser Freund und nimmt uns mit dem breitesten Italo-Grinsen was ich je gesehen habe in die Arme. Selten war ich so froh, einen Menschen zu sehen. 18.40 Uhr beim Gate! Hört Ihr den Stein, der gerade runtergefallen ist?

Also steigen wir mit FFP2 Maske (halleluja) in den Billigflieger nach Hamburg. Nachdem uns das Personal im Flieger aufklärt, dass der Typ am Gate falsch liegt und eine normale Maske reicht. Die Hälfte der Passagiere ist aber immer noch am Kiosk, um sich eine FFP2 Maske zu kaufen, die es gar nicht gebraucht hätte.

Mit etlichen Minuten Verspätung rollen wir auf die Startbahn. Draussen wird es schwarz und es blitzt und donnert – mir wird etwas mulmig.
Der Steward, mit einem etwas speziellen Humor, hält ein Buch in die Höhe und fragt nach, wer es verloren hat oder wer es ersteigern möchte.
Schwarze Schrift auf weissem Cover: Leben nach dem Tod.
In diesem Augenblick wird es draussen noch ein bisschen schwärzer.
Und ich: Ich will hier raus! Zu spät.

Der Flieger in Startposition bleibt ruhig, aus dem Cockpit die Stimme des Piloten: «Wegen Unwetter verspätet sich unser Flug, wir dürfen nicht starten.»
60 Minuten später, die Stimme aus dem Cockpit: «Wir haben ein neues Problem, wir haben jetzt zu wenig Benzin, müssen zurück in die Parking Position. Das geht aber nicht, weil das Bodenpersonal wegen Unwetter nicht auf die Piste darf.»
90 Minuten später, die Stimme aus dem Cockpit: «Wir dürfen jetzt zurück zum Tanken, das Bodenpersonal arbeitet wieder.»
Ich will hier raus!
Die Flugbegleiterinnen verkaufen unterdessen warme Getränke und die 7 Sandwiches, welche sie für den Flug für über 300 Passagiere geladen haben.
Ich will hier raus!!
100 Minuten später, die Stimme aus dem Cockpit: «Wir haben 3 grosse Probleme». Habe ich schon erwähnt, ich habe nur ein Problem: Ich will hier raus!!!
Pilot: «Erstens haben wir zu wenig Benzin und zweitens, wenn wir tanken, müssen wir die Air Condition ausschalten und dann wird es hier drinnen heiss, sehr heiss. Und drittes Problem, wenn wir getankt haben, erhalten wir die früheste Abfluggenehmigung in einer weiteren Stunde.»
Und es wurde heiss… sehr heiss.

Habe ich schon erwähnt, dass meine Unterhose das Auffangbecken für alle meine Schweisstropfen der vergangenen unterdessen 6 Stunden ist?

115 Minuten später, die Stimme aus dem Cockpit, jedoch dieses Mal in live und in Farbe: «Wir haben jetzt nur noch ein Problem, obwohl wir jetzt startbereit sind, das Unwetter verzogen und das Flugzeug ein bisschen getankt, hat es in Hamburg zu wenig Bodenpersonal, welche uns empfangen können. Der Flug ist hiermit gecancelt… That’s all for this Shit!”
Ich will hier raus.

Doch zuerst warten wir gefühlt eine Stunde auf den Bus, dann warten wir gefühlt eine weitere Stunde auf das Bodenpersonal, welches uns aus dem Bus rauslässt. Effektiv drei Stunden später wird mein Wunsch erfüllt: Ich darf hier raus.

Mit unserem Handgepäck, einer deutschen Frau im Schlepptau geht es zurück zum Parkplatz im Nirvana, über die Autobahn nach Hause ins Bett.

In diesem Sinne wünsche ich Euch eine gute Reise und schöne Ferien, wo auch immer es Euch diesen Sommer hinzieht.
Ich bleibe erstmal daheim.

Juli, 2022 – Claudia Fellmann